Die Filmentgasung ist ein vielfach angewendeter verfahrenstechnischer Prozess, der für die Restentgasung in der Kunststoffverarbeitung eine bedeutende Rolle spielt. Oft findet die Entgasung in Schneckenextrudern statt. Die Auslegung solcher, dann teilgefüllter Systeme erfolgt oft experimentell auf Maschinen im Labor- und Technikumsmaßstab. Der Scale-Up auf größere Produktionsmaschinen erfordert allerdings eine große Anzahl von Versuchsreihen.
Das übergeordnete Ziel in diesem Projekt war die Modellierung und Simulation der Filmentgasungsprozesse hochviskoser Polymerschmelzen in Schneckenextrudern. Dazu wurden zunächst drei verschiedene Modellierungsansätze für die Berechnung von Zweiphasenströmungen getestet und auf ihre Tauglichkeit diskutiert. Es zeigte sich durch Simulationen, dass das Freie-Oberflächen-Modell effizient und leistungsfähig ist, um die freie Oberfläche in verschiedenen rotierenden Apparaten zuverlässig zu berechnen. Dabei wurden interessante und neue Erkenntnisse über die Leistungscharakteristik teilgefüllter Apparate erarbeitet. Mit Kenntnis der Ausbildung der freien Oberfläche in Abhängigkeit der Betriebsparameter der Maschinen ist es möglich die Filmentgasung zu modellieren. Durch verschiedene Simulationen und Diskussion der Ergebnisse konnte nachgewiesen werden, dass die vollständige Berechnung des Konzentrationsfeldes der flüchtigen Phase in der Schmelze nicht zielführend ist. Die numerische Diffusion lag in der Größenordnung der physikalischen Diffusion, so dass ein Vergleich mit Experimenten aus der Literatur nur bedingt möglich war. Eine erfolgsversprechende Alternative ist die Modellierung über die Oberflächenerneuerung nach Higbie und Danckwerts. Damit gelingt eine Prognose der Entgasungsleistung, die recht gut mit den Literaturergebnissen übereinstimmt. Dieses Modell ist für die weiteren Berechnungen in Doppelschneckenextrudern verwendet worden. Um den Einfluss einiger Betriebsparameter näher zu untersuchen, ist ein zweidimensionales Modell einer gleichläufigen, dichtkämmenden Maschine betrachtet worden. Daran konnten die Einflüsse der Viskosität, der Drehzahl und der geometrischen Skalierung auf die mittlere Konzentration, auf das Volumen und die Fläche der Phasengrenze, auf die Erneuerungszeit und auf den Stoffstrom herausgearbeitet werden. In dreidimensionalen Simulationen für eine exemplarische, reale Geometrie konnten in Abhängigkeit des Füllgrads des teilgefüllten Bereichs der Doppelschnecke die freie Oberfläche, der Stoffstrom und die mittlere Konzentration der flüchtigen Phase berechnet werden. Die Ergebnisse zeigen eine relativ gute Übereinstimmung mit Resultaten aus der Literatur.
Zur zusätzlichen Validierung der numerischen Ergebnisse wurde das experimentelle Equipment beschafft und getestet, um die Entgasungsleistung zu messen. Das Modellstoffsystem besteht aus der Trägerflüssigkeit Silikonöl und aus der flüchtigen Phase Freon 113. Um gezielt die Filmentgasung untersuchen zu können, wird der Partialdruck über einen Stickstoffspülstrom gesenkt. Der Anteil der ausgespülten flüchtigen Phase wird durch Kühlfallen auskondensiert und gewogen, sowie redundant über Probenentnahmen aus der Maschine bestimmt. Diese Messmethode ist erfolgreich an einem rotierenden Rührsystem getestet worden und es konnten Abschätzungen der Messgenauigkeit angegeben werden. Es zeigte sich, dass die Ergebnisse gut mit dem Oberflächenerneuerungsmodell korrelieren. Messungen an Schneckenmaschinen konnten im Rahmen dieses Projekts nicht systematisch durchgeführt werden. Somit wurde das Ziel des gesamten Vorhabens im Validierungsbereich nur teilweise erreicht.
Bearbeitet wurde das Forschungsthema vom 06/2012 bis 02/2015 an der Universität Kassel, Fachbereich Maschinenbau, Fachgebiet Strömungsmechanik (Mönchebergstraße 7, 34125 Kassel, Tel. 0561/804 3878) unter der Projektleitung des Leiters der Forschungsstelle, Prof. Dr.-Ing. habil. Olaf Wünsch.