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Analyse und Vorhersage von Degradationsprozessen an Werkzeug/Kunststoffgrenzflächen in Kunststoffverarbeitungsprozessen

IGF-Nr. 21213 N

Polycarbonat wird in großen Mengen und für eine Vielzahl von Verwendungszwecken produziert. Bei den Herstellungsverfahren können jedoch Probleme auftreten, die einerseits durch eine Degradation des Kunststoffes, andererseits durch Verschleiß der Werkzeuge verursacht werden. Degradation des Kunststoffes führt zu einer verminderten Produktqualität und höherem Ausschuss. Korrosion oder Belagsbildung am Werkzeug können einen hohen Zeit-, Kosten- und Arbeitsaufwand für Reparatur und Instandhaltung verursachen. Unter diesen Gesichtspunkten erscheint es wichtig und sinnvoll, die genauen Degradationsmechanismen und die Reaktionen, die durch den Kontakt zwischen PC-Schmelze und Stahl-Werkzeug verursacht werden, genauer zu verstehen. Das Projekt zielt genau auf dieses Verständnis ab. Aus den Ergebnissen können Empfehlungen für die Industrie bezüglich Produktionsverfahren und Materialauswahl abgeleitet werden.

 

Zunächst wurde das Trocknungsverhalten von PC FS (unadditiviert) und PC LED (UV-stabilisiert) im Trockenlufttrockner, Trocknungsofen und Vakuumofen bei verschiedenen Temperaturen untersucht. Es zeigte sich, dass der Vakuumofen besonders effizient ist, aber der Trocknungsofen stabilere Feuchtigkeitswerte liefert. Insgesamt verlief die Trocknung von PC LED konstanter als die von PC FS. Die niedrigsten erreichbaren Feuchtigkeitswerte lagen bei 0,02 Gew.-% H2O. Eine effiziente und materialschonende Trocknung kann bei 110 °C innerhalb von 2-6 h erreicht werden. Höhere Temperaturen (ab 120 °C) verursachen irreversible Materialschäden. Infolgedessen kann eine zu lange Trocknung Eigenschaftsverluste des PC hervorrufen. Durch den Verarbeitungsprozess konnte die Feuchtigkeit weiter gesenkt werden, wie NIR-Messungen zeigen. Das Einbringen von Entlüftungskanälen in der Trennebene des Spritzgießwerkzeuges ist daher sinnvoll, um ein Entweichen des Wasserdampfes zu ermöglichen. Luftdicht konnte das Material über einen langen Zeitraum gelagert werden, offenstehend stieg der Feuchtigkeitswert jedoch schon nach wenigen Stunden. Ein geschlossenes Materiallieferungssystem für die Produktion wäre deshalb ideal.

Um die Grundlagen der Degradation von PC an der Werkzeug-/Kunststoff-Grenzfläche zu untersuchen, wurden mittels Magnetron gesputterte Fe-, Cr- und CrFe-Modelloberflächen mit variablem Cr-Fe-Verhältnis in Kontakt mit PC gebracht. Die Untersuchungen zeigen, dass ein höherer Fe-Gehalt zu einer stärkeren Degradation des PC führt und die irreversible Adsorption von PC-Rückständen an die Metalloberfläche verstärkt. Degradation und Adsorption treten bei Kontakt mit der Polymerschmelze unverzüglich auf, ein längerer Kontakt und höhere Temperaturen steigern die Effekte jedoch. Die Degradation selbst findet dabei vorrangig an der Grenzfläche Metall/Polymer statt, wie aus Fluoreszenz-Messungen ersichtlich wird. Ein höherer Cr-Gehalt der Schichten trägt zur Passivierung bei und hemmt die Degradation.

Bei der Belastung der Stähle mit PC für 24 h kommt es zur Lochkorrosion und Ausbildung von Fe2O3 und Fe3O4, was unter anderem durch eine Raman-Spektroskopie nachgewiesen werden konnte. Eine höhere Feuchtigkeit des PC begünstigt dabei die Korrosion. Ein höherer Cr-Gehalt des Stahls hingegen verbessert die Korrosionsbeständigkeit und verringert die Haftung von PC. Hochglanzpolierte Oberflächen zeigen ebenfalls besseres Verhalten in Bezug auf Korrosion und Haftung. Wenn möglich sollten Maschinenteile, welche dauerhaft im Kontakt mit PC stehen, aus einem Cr-haltigem Stahl gefertigt werden und die Rauigkeit sollte möglichst gering gehalten werden. Nach der Belastung verbleiben PC-Rückstände auf den Oberflächen, in denen sich eine vergleichsweise hohe Konzentration von Fe mittels XPS nachweisen lässt. Vermutlich migrieren Fe-Ionen in die Schmelze und tragen dort zur Degradation bei. Dieses Verhalten liefert einen weiteren Grund, die Oberflächen vor Korrosion zu schützen. Auch korrosionsbeständige Beschichtungen sind denkbar. Bestmöglich sind diese so zu wählen, dass ein Kontakt der Schmelze mit Fe-Ionen unterbunden wird.

Die Fertigung von Zugstäben mit verschiedenen Parametern zeigte, dass die Werkzeugtemperatur bei der Produktion so niedrig wie möglich eingestellt werden sollte, empfohlen wird ein Wert von 70 °C. Die Restkühlzeiten hingegen haben nur einen geringen Einfluss auf die Degradation der Zugstäbe. Eine Korrelation der Form „höhere Feuchte des PC = stärkere Degradation“ konnte nicht nachgewiesen werden, allerdings führt feuchtes Material zu mehr Ausschuss in Bezug auf die mechanischen Eigenschaften. Es wird vermutet, dass die Hydrolyse-Reaktion nur eine untergeordnete Rolle bei der Degradation spielt und stattdessen Thermolyse und Metall-Ionen-katalysierte Reaktionen vorherrschen.

 

Bearbeitet wurde das Forschungsthema von 06/2020 bis 12/2022 an der Universität Paderborn, Kunststofftechnik Paderborn, Lehrstuhl für Kunststofftechnologie (Warburger Str. 100, 33098 Paderborn, Tel. 05251/602451) unter der Leitung von Prof. Dr. E. Moritzer (Leiter der Forschungseinrichtung Prof. Dr. E. Moritzer) und der Universität Paderborn, Lehrstuhl für Technische und Makromolekulare Chemie (Warburger Straße 100, 33098 Paderborn, Tel. 05251/605700) unter der Leitung von Prof. Dr. G. Grundmeier (Leiter der Forschungseinrichtung Prof. Dr. G. Grundmeier).

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BMWk-Logo Das IGF-Vorhaben Nr. 21213 N der Forschungsvereinigung Forschungs-Gesellschaft Verfahrens-Technik e.V., Theodor-Heuss-Allee 25, 60486 Frankfurt am Main wurde im Rahmen des Programms „Industrielle Gemeinschaftsforschung (IGF)“ durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.