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Qualifizierung der Additiven Fertigung für die Herstellung verfahrenstechnischer Druckgeräte

IGF-Nr. 20325 N

Die in dem Projekt erzielten Ergebnisse bilden die Grundlage für die Etablierung von PBF‑LB/M-Verfahren zur Herstellung von Druckgeräten. Das Projekt liefert einen wichtigen Beitrag zur Qualifizierung der Additiven Fertigung für die Herstellung verfahrenstechnischer Druckgeräte.

Die Zielsetzung von QuAFD war die Erschließung des Laserstrahlschmelzens als additives Fertigungsverfahren zur Herstellung von verfahrenstechnischen Druckgeräten und die dementsprechende Erweiterung des Einsatzspektrums dieser Technologie.

Eine grundlegende Voraussetzung hierfür ist das Verständnis der Zusammenhänge zwischen Geometrie, Werkstoffzustand und Werkstoffeigenschaften. Im Fokus des Projekts lag daher die Erarbeitung von Korrelationen zwischen Werkstoffzustand und Werkstoffeigenschaften mit dem Ziel, kennwertbasiert Rückschlüsse auf auslegungsrelevante Kenngrößen zu ziehen. Als Werkstoff wurde nach Absprache mit dem projektbegleitenden Ausschuss (pbA) im Rahmen des Projektes ausschließlich der austenitische Stahl 316L (1.4404) untersucht.

Ein Vergleich verschiedener Fertigungsstandorte bei gleichem Prozesssetup mittels quasi-statischen Zugversuchen zeigt signifikante Unterschiede in den erzielten mechanischen Kennwerten zwischen den Fertigungsstandorten und damit keine Übertragbarkeit der mechanischen Eigenschaften. Die mechanischen Kennwerte beider Fertigungsstandorte zeigen eine starke Anisotropie. Ein Vergleich zu konventionellem Blechmaterial zeigt deutlich höhere Dehngrenzen, vergleichbare Zugfestigkeit und deutlich geringere Bruchdehnung in horizontaler Richtung. Ein Vergleich verschiedener Probengeometrien zeigt Abhängigkeiten des Werkstoffzustands und der Werkstoffeigenschaften zu den Wandungsmerkmalen Neigung, Ausrichtung und Wandstärke.

Auf Grundlage dieser Erkenntnisse wurde im Folgenden das Wandungs- und Orientierungsabhängige Material-Modell (WOrM-Modell) zur Erfassung und Vorhersage des Werkstoffzustands in Abhängigkeit der Wandungsmerkmale eingeführt, welches als Untersuchungsmodell Rückschlüsse von bestimmten Wandungsmerkmalen (Neigung, Wandstärke und Ausrichtung) auf den Werkstoffzustand (Porosität, Rauheit und Kornstruktur) sowie auf die Werkstoffeigenschaften (Zugfestigkeit, Dehngrenze, Bruchdehnung, Härte) ermöglichen soll. Weitergehende Untersuchungen ermöglichten die Identifikation und isolierte Betrachtung der überlagerten Effekte Abbildungsgenauigkeit, Neigung, Oberfläche sowie thermische und beanspruchungsbezogene Effekte aufgrund der Probengeometrie.

Die Recherche nach integrierbaren Funktionen lieferte sechs verschiedene Sensorarten, deren Integration realisierbar erscheint. Bauteilprüfungen und -identifikation können dadurch für den Betrieb erleichtert und die Sicherheit gesteigert werden. Weiter wurde eine Vielzahl von Regelstrukturen zur Erhöhung der Bauteilsteifigkeit wie auch zum Wärmetausch aufgezeigt. Am Beispiel einer Sollbruchstelle durch eine Kerbe wurde gezeigt, dass Geometrien existieren, die den Ort des Versagens sicher vorherbestimmen und gleichzeitig notwendige Festigkeitsnachweise erbringen. Ein Wärmetauscher wurde zur Demonstration der Auslegungsvorgehensweise Design by Formula unter Berücksichtigung inhomogener Werkstoffeigenschaften erarbeitet, gefertigt und geprüft. Ein Universalprüfkörper wurde gezielt für additiv hergestellte Druckgeräte erarbeitet und vorgestellt.

In Übereinstimmung mit der Technischen Spezifikation TS 17026 wurde beispielhaft eine Vorgehensweise zur Qualifizierung eines Fertigungssystems mit Fokus auf den Einflüssen hinsichtlich der inhomogenen Werkstoffeigenschaften beim Laserstrahlschmelzen beschrieben. In Ergänzung wird vorgeschlagen, Sicherheitszuschläge und Prüfaufwände infolge normativer Auslegungsklassen abhängig vom Umfang der Datengrundlage bzw. des Qualifizierungsvorgehens für ein System zu gestalten.

Fazit des Projektes ist, dass die wesentlichen Ziele des Projektes erreicht werden konnten. Anhand der Untersuchungen kann eine Bewertung des Werkstoffzustands und der Werkstoffeigenschaften in Abhängigkeit von Wandungsmerkmalen, wie sie für Druckgeräte vorkommen, durchgeführt werden. Mit Hilfe des DoE konnten zudem wesentliche Effekte auf Werkstoffzustand und Werkstoffeigenschaften ermittelt werden. Des Weiteren erlaubt die im Projekt beschriebene Vorgehensweise eine Qualifizierung eines Fertigungssystems und ermöglicht eine initiale Erhebung einer Datenbasis für die Werkstoff- und Prozessqualifizierung mit bekanntem Aufwand. KMU können aufgrund der Ergebnisse eine Abschätzung der Qualitätseinflüsse und Qualifizierungsaufwände durch eine umfassende Datengrundlage für den Werkstoff 1.4404 treffen. Es wurden anwendbare Prüfverfahren und -aufwände aufgezeigt und das Materialverhalten infolge von geometrischer Veränderlichkeit durch das Design der Behälterwand diskutiert. Den KMU werden Erkenntnisse zum Berstverhalten aufgezeigt sowie ein Überblick von Merkmalen zur Steigerung von Sicherheit und Bauteilleistung (Sensorik, Funktionen) dargestellt, die im Designprozess berücksichtigt werden können.

 

Bearbeitet wurde das Forschungsthema von 01/2019 bis 12 /2021 an der TU Darmstadt, Institut für Produktionsmanagement, Technologie und Werkzeugmaschinen (Otto-Berndt-Straße 2, 64287 Darmstadt, Tel 06151/1620842) unter der Leitung von Steffen Meiniger (Leiter der Forschungseinrichtung: Prof. -Ing. Matthias Weingold) und an der Fraunhofer-Gesellschaft e.V., Fraunhofer-Institut für Gießerei-, Composite- und Verarbeitungstechnik IGCV (Am Technologiezentrum 2, 86159 Augsburg, Tel 0821/90678-0) unter der Leitung von Dr. Christian Seidel (Leiter der Forschungseinrichtung: Prof. Dr.-Ing. Klaus Drechsler) sowie an der TU Darmstadt, Staatliche Materialprüfungsanstalt (Grafenstraße 2, 64283 Darmstadt, Tel 06151 16-2251) unter der Leitung von Dr. Holger Hoche (Leiter der Forschungseinrichtung: Prof. Dr.-Ing. Matthias Oechsner).

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BMWk-Logo Das IGF-Vorhaben Nr. 20325 N der Forschungsvereinigung Forschungs-Gesellschaft Verfahrens-Technik e.V., Theodor-Heuss-Allee 25, 60486 Frankfurt am Main wurde im Rahmen des Programms „Industrielle Gemeinschaftsforschung (IGF)“ durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.