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Fließschema-Simulation von Feststoffprozessen

IGF-Nr. 94 ZBG

Bei Fluidprozessen gehört die Fließschemasimulation zur Modellierung von Gesamtanlagen mittlerweile zum Stand der Technik. Selbst für komplexe Großanlagen stehen Simulationsmodelle zur Verfügung, mit denen Wirkungen von betrieblichen Änderungen schnell abgeschätzt und Optimierungsrechnungen durchgeführt werden können. Im Gegensatz dazu erfolgt die Berechnung der meisten Feststoffprozesse nach wie vor ausschließlich auf der Ebene der einzelnen Apparate oder Teilprozesse, eine Verknüpfung von mehreren Apparaten zu ganzen Prozessen ist nur in wenigen Bereichen anzutreffen. Ursache für die unbefriedigende Situation bezüglich der Fließschemasimulation für Feststoffprozesse sind vor allen Dingen die Besonderheiten bei der Beschreibung der Feststoffeigenschaften. Hier sind im Gegensatz zu Fluiden neben den reinen Stoffparametern und thermodynamischen Zustandsgrößen zusätzliche Parameter wie z. B. Korngröße, Porosität, Form oder Feuchtigkeit notwendig. Erschwerend kommt hinzu, daß diese Parameter häufig verteilt sind und teilweise voneinander abhängig sind. Die verteilten und abhängigen Parameter erfordern eine angepaßte Struktur der Stromobjekte, die im Fließschema die verschiedenen Apparate verbinden und für den Datenaustausch zwischen den Blöcken zuständig sind. Die etablierten Fließschema-Simulationsprogramme haben eine auf die Beschreibung von Fluiden angepaßte Stromstruktur und können daher nicht oder nur sehr aufwendig zur Charakterisierung von Feststoffen verwendet werden.

Ziel der Forschungsprojektes war es daher, ein speziell auf Feststoffprozesse angepaßtes Simulationssystem zu entwickeln. Das System sollte eine benutzerfreundliche grafische Oberfläche aufweisen, einen breiten Bereich von Apparaten der Feststoffverfahrenstechnik abdecken und für einen möglichst weiten Anwendungsbereich geeignet sein.

Dieses Ziel wurde erreicht, indem das modulare Programmsystem SolidSim entwickelt und implementiert wurde, das unter aktuellen WindowsÒ-Versionen als Host-Betriebssytem lauffähig ist. Das System besteht aus zwei Hauptkomponenten, dem Rahmensystem und der Modellbibliothek. Das Rahmensystem stellt die grafische Oberfläche bereit und beinhaltet u. a. die Stromobjekte, ein Modul zur Berechnung thermodynamischer Zustandsgrößen und die Berechnungssteuerung. Die Modellbibliothek besteht aus unabhängigen Apparatemodellen, die zur Laufzeit dem System zugefügt werden können. Die Apparatemodelle basieren alle auf einem Basismodul, das wesentliche allgemeingültige Funktionalitäten bereitstellt und die komplexen Details der Kommunikation mit den Komponenten des Rahmensystems vor dem Anwendungsprogrammierer verbirgt und so die Modellimplementierung deutlich vereinfacht. Die Schnittstellen zwischen den einzelnen Systemkomponenten basieren auf dem CAPE-OPEN-Standard, so dass eine Einbindung der Komponenten bzw. des gesamten Systems in andere CAPE-OPEN-kompatible Systeme möglich wird oder CAPE-OPEN-kompatible Fremdkomponenten eingebunden werden können.

Ein wesentlicher Teil der Entwicklungsarbeit lag neben der Anpassung und Implementierung der Apparatemodelle in der Definition der Stromstruktur. Die hierbei entwickelten Ideen und Konzepte sind auch in einen Vorschlag zur Erweiterung des CAPE-OPEN-Standards in Richtung auf Feststoffprozesse eingeflossen, dem mittlerweile vom zuständigen Gremium zugestimmt wurde.

Das fertige SolidSim-System wurde anhand von zwei recht umfangreichen Fließschemata, einem Aufbereitungsprozeß zur Trennung und Entwässung von kontaminiertem Hafenschlick und einem Prozess zur Eindickung von Natronlauge, der einschließlich der notwendigen Daten von der Firma DOW zur Verfügung gestellt wurde, erfolgreich getestet. Zusätzlich fanden erste Anwendungstest bei einigen der Industriepaten statt.

Ende 2005 hat sich ein Industriekonsortium (IK SolidSim) gebildet, das die Weiterentwicklung dieses Software-Tools bis zur industriellen Einsatzreife unterstützt.

Das Programm wird inzwischen von der SolidSim Engineering GmbH, einer Ausgründung der TU Hamburg-Harburg, weiterentwicklet und vertrieben (www.solidsim.com )

Forschungsstelle: TU Hamburg-Harburg, AB Verfahrenstechnik sowie 11 weitere Forschungsstellen
Leiter des Projektes: Prof. Dr.-Ing. Joachim Werther
Laufzeit: 01.04.2003 - 31.03.2005
Betreut durch: AK 4

 

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BMWi-Logo Das IGF-Vorhaben Nr. 94 ZBG der Forschungsvereinigung Forschungs-Gesellschaft Verfahrens-Technik e.V., Theodor-Heuss-Allee 25, 60486 Frankfurt am Main wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.